LSG Baden-Württemberg: Selbständigkeit eines Handelsvertreters SGB IV §§ 7, 26, 27; HGB §§ 59, 84

  1. Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber sind unabhängig von deren arbeitsvertraglicher Gestaltung sozialversicherungsrechtlich als einheitliche Beschäftigung zu werten, wenn eine selbstständige Tätigkeit mit einer abhängigen Beschäftigung derart verbunden ist, dass sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint. Dies kann umgekehrt auch zur Beurteilung einer einheitlichen selbständigen Tätigkeit herangezogen werden. Zwischen der Tätigkeit als Handelsvertreter und der darauf aufbauenden Stellung bzw. Tätigkeit als Verkaufsleiter bzw. Stadtbüroleiter besteht eine derart enge Verbindung, dass eine einheitliche sozialversicherungsrechtliche Betrachtung vorzunehmen ist.
  2. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist. Ein solches Unternehmerrisiko liegt vor, wenn Auftragnehmer das Risiko eingingen, Arbeitszeit zu investieren, ohne Aufträge vermitteln zu können und daher keinen Provisionsanspruch generieren zu können. Der Einsatz von eigenem Kapital ist nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere bei betriebsmittelarmen Tätigkeiten nicht für ein Unternehmerrisiko ausschlaggebend. (Leitsätze des Gerichts)

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2021 – L 8 BA 200/19, BeckRS 2021, 50465